- Siebenjähriger Krieg: Schlachtfelder auf drei Kontinenten
- Siebenjähriger Krieg: Schlachtfelder auf drei Kontinenten»Rendezvous des Ruhmes«— Die AusgangslageNach den Thronwechseln des Jahres 1740 in Berlin und Wien überfiel der junge und tatendurstige Friedrich II. von Preußen noch im Dezember des gleichen Jahres das zur Habsburgermonarchie gehörende Schlesien. Der von ihm überheblich als »Rendezvous des Ruhmes« bezeichnete Friedensbruch erschien schon den Zeitgenossen als ein empörender Gewaltakt. Der Preußenkönig ahnte zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass der von ihm mutwillig vom Zaun gebrochene Konflikt über Jahrzehnte hinweg an den Kräften seines Königreichs zehren und Preußen mehr als einmal an den Rand der Katastrophe bringen sollte. Als nach über acht Jahren, nach zwei blutigen Kriegen um Schlesien (1740—42 und 1744/45), der am 30. April 1748 unterzeichnete Vorfriede von Aachen Preußen den Raub Schlesiens bestätigte, war dies nur eine Folge von Schwäche und Erschöpfung der Krieg führenden Parteien. Die gegenseitige Abneigung saß tief. Die Saat neuen Haders brauchte nur noch aufzugehen.Der Verlust Schlesiens traf Maria Theresia hart. An eine Revision konnte sie freilich angesichts der allgemeinen politischen Lage und des Zustandes ihres eigenen Staatswesens nicht denken. Ein Umsturz des Bündnissystems in Europa, wie ihn der Wiener Hof nach dem Frieden von Aachen erwogen hatte, war in weite Ferne gerückt. Zwar versuchte der Berater Maria Theresias und zeitweilige österreichische Geschäftsträger in Versailles, Wenzel Anton Graf von Kaunitz, den alten Gegensatz zwischen Frankreich und Habsburg zu überbrücken. Aber am französischen Königshof zeigte man dem Diplomaten die kalte Schulter und zog es vor, an der Allianz mit Preußen festzuhalten.Erst die wachsenden Spannungen zwischen Frankreich und Großbritannien in Nordamerika, Indien und Afrika brachten neuen Schwung in das Wechselspiel der europäischen Mächte. Seit 1754 standen die beiden Kolonialreiche vor einem Krieg. Großbritannien befürchtete dabei vor allem den Verlust seines hannoverschen Besitzes. Der Wiener Hof signalisierte London seine Bereitschaft, den Schutz Hannovers zu übernehmen, wenn Großbritannien seinerseits mit einer Finanzspritze den Kampf gegen Preußen unterstützen würde. Die Verhandlungen zwischen Wien und London blieben indes ohne Ergebnisse. Großbritannien klopfte sodann in Berlin an und fand Gehör. Denn Friedrich II. fürchtete vor allem eine Annäherung Großbritanniens an Russland, dessen Herrscherin Elisabeth I. den Preußenkönig abgrundtief hasste. Man einigte sich schließlich am 16. Januar 1756 in der Westminster-Konvention. Großbritannien und Preußen schlossen einerseits einen Nichtangriffspakt, andererseits verpflichteten sie sich, jeden Angriff einer fremden Macht auf deutschem Boden gemeinsam abzuwehren. Die Westminster-Konvention sollte sich als Trumpfkarte erweisen. Denn sie ermöglichte erst den Wechsel der Allianzen. Die Kränkung, die der französische König Ludwig XV. mit der Hinwendung Preußens zum Erzrivalen hatte einstecken müssen, saß tief.Das »Abkommen von Versailles« vom 1. Mai 1756 machte den Wechsel der Bündnisse komplett. Frankreich und Österreich versicherten sich gegenseitig der Neutralität und wollten bei einem Angriff auf einen der beiden Vertragspartner gemeinsam zu den Waffen greifen. Der Vertrag trug in erster Linie die Handschrift des gerissenen Diplomaten Kaunitz. Aber der geschickte Unterhändler erreichte noch mehr: Er zog die Zarin Elisabeth, mit der ohnehin seit 1746 ein gegen Preußen gerichtetes Abkommen bestand, ins französisch-österreichische Boot.Das diplomatische Tauziehen, das eine gewaltige antipreußische Allianz auf den Plan zu rufen schien, blieb Friedrich II. nicht verborgen. So entschloss er sich trotz vieler Gegenstimmen noch 1756 zu einem Präventivkrieg. Der Herrscher stand damit wieder als Friedensbrecher da. Als er in das strategisch wichtige Sachsen einmarschierte, gab er selbst Frankreich, Russland und Schweden einen Anlass, sich 1757 mit Wien zu verbünden. Und sogar die meisten Reichsstände schlugen sich auf die Seite Österreichs und erklärten auf dem Reichstag von Regensburg den »Reichskrieg«. Wenngleich die protestantischen Stände eine Achtserklärung in Regensburg abwenden konnten, schlossen sich doch nicht nur Bayern, die Pfalz und Köln, sondern auch protestantische Stände wie Württemberg oder Mecklenburg-Schwerin mit Subsidien- und Militärkonventionen der Versailler Allianz an. Preußen dagegen war bis auf seinen Bundesgenossen Hannover und einige kleinere Reichsfürstentümer wie Hessen-Kassel, Braunschweig-Wolfenbüttel und Sachsen-Gotha- Altenburg, die alle unter Großbritanniens Einfluss standen, auf sich allein gestellt.Der handstreichartige Überfall auf Sachsen und der Vorstoß gegen Böhmen sicherten der preußischen Armee bis zum Jahresende 1756 die Ausgangsbasis für eine Überraschungsoffensive, mit der 1757 Österreich niedergerungen werden sollte, bevor Russland und Frankreich eingreifen konnten. Der im Frühjahr 1757 errungene Sieg des Preußenkönigs über die Österreicher bei Prag brachte aber nicht das erhoffte Ergebnis, denn Prag fiel nicht in seine Hand. Folgenschwerer war dagegen der Sieg der anderen Seite, den der österreichische Feldherr Leopold Graf von Daun über die bis dahin in offener Feldschlacht unbesiegten Preußen bei Kolin errang: Die Preußen mussten sich unter großen Verlusten nach Sachsen zurückziehen. Die Österreicher zogen in Schlesien ein. Von Westen her rückten Frankreich und die Reichsarmee an. Unweit von Hastenbeck in Westfalen unterlagen die britisch-hannoverschen Truppen. Der mit der Verteidigung Hannovers betraute Herzog Wilhelm August von Cumberland musste nach der ihm aufgenötigten Konvention von Zeven seine Armee auflösen. Französisches Militär zog in die Stadt an der Leine ein. Ostpreußen wurde nach dem Sieg über den preußischen General Hans von Lehwaldt bei Großjägersdorf von den Russen besetzt, Niederschlesien ging an Österreich verloren, in Pommern rückten die Schweden ein, und ein österreichisches Streifkorps drang sogar bis Berlin vor. Im zweiten Kriegsjahr war die Lage für den Preußenkönig äußerst schwierig geworden.Doch aus dieser Bedrängnis halfen ihm noch vor Jahresende zwei seiner bedeutendsten Siege: Am 5. November 1757 stieß er bei Roßbach im Bezirk Halle auf das französische Heer und auf die Reichsarmee, die zusammen fast doppelt so stark waren wie das preußische Heer. Nach nur anderthalbstündigem Kampf hatte die Kavallerie des Generals Friedrich Wilhelm von Seydlitz die Verbündetenarmee in die Flucht geschlagen. Der Sieg des Preußenkönigs fand einen großen Widerhall in Deutschland. Dass der als Friedensbrecher gebrandmarkte Monarch die Armee des Reiches in den Staub geworfen hatte, interessierte dabei niemanden. »Und kommt der große Friedrich und klopft nur auf die Hosen, so läuft die ganze Reichsarmee, Panduren und Franzosen«, spottete man landauf, landab. Man war »fritzisch gesinnt: denn was ging uns Preußen an«, schrieb Goethe in seinen Erinnerungen. Aber nicht nur in Deutschland gewann der Preußenkönig an Popularität. Auch das verbündete Großbritannien feierte Friedrich II. als großen Helden. Davon zeugen vor allem die in kurzer Zeit entstandenen Wirtshausschilder mit der Aufschrift »The King of Prussia«.Einen Monat nach der Schlacht bei Roßbach traf die preußische Armee bei Leuthen in Schlesien auf das zahlenmäßig überlegene österreichische Heer. Unter Anwendung der schiefen Schlachtordnung, das heißt unter anfänglicher Zurückhaltung des eigenen linken Flügels, gelang dem Preußenkönig ein glänzender Sieg. Damit endete das alles andere als verheißungsvoll begonnene Jahr 1757 für den rebellischen Monarchen doch noch erfolgreich. Ein für ihn günstiger Friede schien ihm in greifbare Nähe gerückt zu sein. Überdies hatte sich die zögerliche Haltung Großbritanniens gewandelt. William Pitt der Ältere, führender Kopf der britischen Außenpolitik, ließ nach den Misserfolgen des Sommers 1757 ein neues britisch-hannoversches Heer unter Führung des Herzogs von Braunschweig ausheben. Es hielt von nun an die französische Armee vom österreichisch-preußischen Kriegsschauplatz ab. Durch die in London geschlossene »Zweite Westminster-Konvention« sollten zudem beträchtliche Hilfsgelder nach Preußen fließen.Da sich Friedrichs Hoffnungen auf einen Ausgleichsfrieden schnell zerschlagen hatten, entschloss er sich — ermutigt durch seine glänzenden Siege bei Roßbach und Leuthen — zu Beginn des Jahres 1758 erneut zu einem militärischen Vorstoß. Ein Angriff auf Mähren eröffnete seinen Feldzug, verpuffte aber ohne Wirkung, da sich das österreichische Heer unter Daun nicht zum Kampf stellte. Dem Preußenkönig blieb schließlich nur noch der Rückzug übrig, auch deshalb, weil sich im Osten eine neue Bedrohung abzeichnete: Vor Küstrin an der Oder waren russische Truppen erschienen. Friedrich konnte zwar dem Heer der Zarin Elisabeth am 25. August 1758 bei Zorndorf nördlich von Küstrin eine Niederlage beibringen. Seinen Sieg musste er aber mit hohen Verlusten teuer erkaufen. Hatte der Preußenkönig schon die Hartnäckigkeit seiner Rivalin aus Sankt Petersburg unterschätzt, so täuschte er sich im gleichen Jahr in der Entschlusskraft und Mobilität des österreichischen Strategen Daun, den Friedrich als Zauderer verspottet hatte. Die äußerst verlustreiche Niederlage bei Hochkirch unweit von Bautzen in Sachsen war dann die entsprechende Antwort auf die Überheblichkeit und Unvorsichtigkeit des Preußenkönigs, wenngleich das österreichische Heer im Spätherbst Schlesien und Sachsen räumen sollte.Die Kämpfe hatten bis dahin zu keiner Entscheidung geführt. Die militärischen Auseinandersetzungen degenerierten zusehends zu einem Abnutzungs- und Erschöpfungskrieg, dem die preußische Armee langfristig nicht gewachsen war. Das Ende schien gekommen, als die an der Oder vereinigten russischen und österreichischen Truppen dem Preußenkönig am 12. August 1759 bei Kunersdorf die schwerste Niederlage beibrachten. Das preußische Heer zerstreute sich in alle Himmelsrichtungen, Friedrich selbst suchte den Tod in der Schlacht. Der Weg nach Berlin stand den Siegern offen. Der entscheidende Stoß der Alliierten blieb jedoch aufgrund von Unstimmigkeiten aus. Aber noch vor Jahresende musste der Preußenkönig erneut eine schwere Niederlage einstecken. Der von den österreichischen Truppen unter Daun eingeschlossene General Friedrich August Finck streckte bei Maxen ohne Gegenwehr mit 10000 Mann die Waffen. Die als »Finkenfang von Maxen« verspottete preußische Schlappe ließ den Verfall der preußischen Disziplin deutlich werden. Und erstmals konnten die österreichischen Truppen auf sächsischem Boden ihr Winterlager errichten.Kriegsschauplätze in Nordamerika und IndienDas Jahr 1760 war von wechselnden Erfolgen geprägt. Die österreichische Armee unter dem Feldmarschall Gideon von Laudon schlug zunächst die Preußen bei Landeshut in Schlesien. Friedrich trug kurz darauf bei Liegnitz einen Sieg davon. Große Erschütterung rief die kurzzeitige Besetzung Berlins durch österreichische und russische Truppen hervor. Der von Hans Joachim von Zieten bei Torgau am 3. November 1760 über die habsburgische Armee errungene Sieg war wegen der hohen Verluste zu teuer erkauft worden, um als Triumph gefeiert werden zu können. Viel größeres Kopfzerbrechen bereitete Preußen der Thronwechsel in Großbritannien, da mit dem Regierungsantritt Georgs III. 1760 die Stellung Pitts zu bröckeln begann und damit Großbritannien aus dem Bündnis mit Preußen auszuscheiden drohte. In Großbritannien betrachtete man nämlich nach den überwältigenden Erfolgen der Jahre 1759 und 1760 in Amerika den Krieg gegen Frankreich als beendet, und die Beziehungen der beiden Verbündeten Großbritannien und Preußen waren seit dem Tod Georgs II. merklich abgekühlt.Seit 1755 hatten sich Großbritannien und Frankreich in den Kolonien Nordamerikas, Indiens und Afrikas bekämpft. Dem Sieger sollte das größte Kolonialreich der Neuzeit in die Hände fallen. Nach einigen Schlappen zu Beginn der Auseinandersetzungen trat Großbritannien immer kraftvoller auf den Plan, nachdem William Pitt die Leitung der Außenpolitik und der Kriegführung 1756 übernommen hatte. Unermüdlich trieb er die Aufrüstung des Heeres und der Marine voran, arrangierte und förderte nach Kräften das Bündnis mit dem Preußenkönig. Sein Hauptaugenmerk richtete der geschickte Diplomat auf den Kampf um Nordostamerika. Der Krieg in Indien wurde dagegen vor allem von der Ostindischen Handelskompanie und dem ebenso energischen wie rücksichtslosen Baron Robert Clive ausgefochten.Im Laufe der Besiedlung seit dem frühen 17. Jahrhundert war die Lage für die englischen Siedler in Nordostamerika immer schwieriger geworden. Die meisten Kolonisten lebten in einem engen Streifen zwischen den Appalachen und der Atlantikküste. Das nur gering besiedelte Neufrankreich versperrte die Zugänge zu den scheinbar endlosen Weiten des Westens, nach Mittel- und Westkanada sowie nach Louisiana im Süden. Erste Siege im Kampf gegen den französischen Rivalen trug Großbritannien im oberen Ohiotal davon. 1758 eroberten britische Truppen das französische Fort Duquesne. Die kleine Festung an den drei Flüssen erhielt daraufhin den Namen Fort Pitt — nach William Pitt — und 1764 den Namen Pittsburgh. Das Jahr 1759 brachte die größten Erfolge: Der Schriftsteller Horace Walpole brachte das geflügelte Wort in Umlauf, dass »Englands Glocken dünn wurden vom Siegesläuten«. Gezielte Angriffe zu Land vom Hudsontal und zu Wasser den Sankt-Lorenz-Strom aufwärts richteten sich gegen die Zentren Neufrankreichs, gegen Quebec und Montreal. Obwohl der Versailler Hof Pläne zu einer Invasion Großbritanniens schmiedete, rief der Taktiker Pitt kein einziges Schiff von der nordamerikanischen Flotte zurück und überließ der Heimatflotte die Aufgabe, die französischen Landungsschiffe in zwei großen Seeschlachten — im August 1759 vor der portugiesischen Küste bei Lagos und im November 1759 in der Bucht von Quiberon — zu versenken. Nicht weniger als 27 französische Kriegsschiffe gelangten in britischen Besitz. Die Wende kam auch in Nordamerika. Am 18. September 1759 musste sich die Festung Quebec ergeben. Ein Jahr später streckte auch Montreal die Waffen vor der britischen Übermacht. Fast drei Jahrhunderte französischer Herrschaft am Sankt-Lorenz-Strom gingen zu Ende. — Das gleiche Schicksal ereilte auch das französische Kolonialreich in Ost- und Westindien. Der im Dienst der Ostindischen Handelskompanie stehende britische General Robert Clive richtete seine Angriffe auf Kalkutta und auf das reiche Bengalen. 1756 war die Stadt an den Nawab (Fürst) von Bengalen verloren gegangen. Ein Jahr später gewannen sie die Briten wieder zurück und verteidigten sie erfolgreich gegen Franzosen und Bengalen in der Schlacht von Plassey am 23. Juni 1757. Mit nur 3000 Mann, davon gerade einmal 1000 britischen Soldaten, warf Clive das angeblich 68000 Mann starke Heer des Bengalenfürsten und das kleine französische Hilfskontingent in den Staub. Der von Clive als sein Nachfolger eingesetzte Oberst Eyre Coote besiegte schließlich die Franzosen am 22. Januar 1760 bei Wandiwash. Der letzte französische Stützpunkt, Pondicherry, fiel Großbritannien ein Jahr später in die Hände. Die Herrschaft Großbritanniens über den indischen Subkontinent nahm seinen Anfang.Der mitteleuropäische Kriegsschauplatz bis 1763Mit seinem berühmten Wort, dass Kanada auf den Schlachtfeldern Schlesiens gewonnen worden sei, lag der britische Diplomat Pitt gewiss nicht daneben. Solange er die Fäden der Londoner Außenpolitik in seinen Händen hielt, erreichten die britischen Subsidiengelder die Mark Brandenburg. Denn der Preußenkönig hatte ja mit seinem Krieg einen Teil der französischen Kräfte auf dem Kontinent gebunden. Aber nach dem Sturz Pitts 1760 waren die Ereignisse auf dem mitteleuropäischen Kriegsschauplatz für Großbritannien nur noch von untergeordnetem Interesse. Die Siege in Nordostamerika und in Indien ließen den ebenso ereignisarmen wie mühseligen Krieg in Europa vergessen. Friedrich II. hätte einen Ausgleichsfrieden mit Maria Theresia erreichen und auch weitere britische Hilfsgelder erhalten können, wenn er dem Wunsch von Pitts Nachfolger, Lord John Stuart Bute, gefolgt wäre und Schlesien wieder an Österreich abgetreten hätte. Der Preußenkönig lehnte aber das Angebot ab, obwohl er sich in einer fast aussichtslosen Lage befand. Durch die zeitweilige Besetzung preußischer Gebiete und ihre Brandschatzung waren erhebliche Einkünfte weggefallen. Der Krieg musste aber finanziert werden. Entsprechend grausam presste die preußische Militärverwaltung die okkupierten Gebiete aus. Viel gravierender wog aber die staatlich sanktionierte Falschmünzerei. Gutes Geld ließ der Preußenkönig in minderwertiges umschmelzen, neues von vornherein unterwertig ausprägen. Inflation, Flucht in Sachwerte, verstärkte Produktion von Luxusgütern und Erwerb von Grundbesitz des Adels durch bürgerliche Kriegslieferanten waren die Folgen. Erschöpfung, Ausbeutung, Korruption, Kriegsgewinnlertum, aber auch die Rücksichtslosigkeit einer dauernd nur fordernden Regierung sollten schließlich Gleichgültigkeit und Misstrauen bei der preußischen Bevölkerung hinterlassen.Da trat ein Ereignis ein, das schlagartig die Kriegssituation veränderte. Am 5. Januar 1762 starb die Zarin Elisabeth. »Tot ist die Bestie, tot ist das Gift«, schrieb der Preußenkönig erleichtert, als er die Nachricht vom Tod seiner Erzrivalin erhielt. Was der Wiener und Versailler Hof befürchteten, wurde nun Wirklichkeit. Der aus der deutschen Dynastie Holstein-Gottorp stammende Nachfolger Elisabeths, Zar Peter III., war ein glühender Bewunderer Friedrichs. Russland und Preußen schlossen Frieden. Der Zar gab alle eroberten Gebiete im Osten des Königreichs an Friedrich zurück und schloss sogar ein Bündnis mit Preußen. Die Verbindung mit Peter III. sollte allerdings keine größere Bedeutung erlangen, da der Zar einer Verschwörung seiner aus dem Haus Anhalt-Zerbst stammenden Gemahlin, der späteren Katharina der Großen, zum Opfer fiel und von einigen Offizieren ermordet wurde. Den Frieden brach die neue Herrscherin nicht, löste aber das Bündnis mit Preußen auf.Die preußischen Kriegserfolge 1762 bei Burkersdorf und Freiberg in Sachsen dämpften den Kriegs- und Siegeswillen Österreichs und der Reichsfürsten. Schweden trat aus der alten Allianz aus. Man war am Ende der Kräfte angelangt. Und in Großbritannien setzte man auf die Friedenskarte.Der Friede von Paris und der Friede von HubertusburgDer am 10. Februar 1763 zwischen Großbritannien, Frankreich, Portugal und Spanien geschlossene Friede von Paris hatte einen großen Gewinner: Großbritannien. Das Inselkönigreich legte den Grundstock für sein Kontinente umspannendes Weltreich. Darüber hinaus war es unangefochtener Herrscher auf den sieben Weltmeeren. Auch wenn die nordamerikanischen Kolonien von Großbritannien gut ein Jahrzehnt später wieder abfielen, da die Kolonisten zunehmend ihre Eigenständigkeit gegenüber dem Inselkönigreich einforderten, sollte der Unabhängigkeitskrieg und der Aufstieg der Vereinigten Staaten von Amerika den Status der britischen Weltmacht im 19. Jahrhundert nicht weiter gefährden. Frankreich hingegen verließ geschlagen den Kampfplatz. Der Wechsel der Allianzpartner hatte sich für die Grande Nation nicht ausgezahlt und ließ ein Weltreich zugrunde gehen. Das Land ging innenpolitischen Krisen entgegen, die sich im Gewitter der Revolution von 1789 schließlich entladen sollten. Wenngleich das Zarenreich keine territorialen Gewinne davontrug, sicherte der Siebenjährige Krieg seine Stellung im europäischen Staatensystem. Die russischen Truppen hatten als erheblicher Faktor auf das Kriegsgeschehen in Deutschland eingewirkt und durch ihr Ausscheiden aus der Allianz die Rettung Preußens ermöglicht.Auch in Mitteleuropa läuteten die Friedensglocken. Auf sächsische Vermittlung hin hatten sich zum Jahreswechsel 1762/63 preußische und österreichische Unterhändler auf Schloss Hubertusburg bei Leipzig getroffen. Der am 15. Februar 1763 unterzeichnete Friede von Hubertusburg änderte an den territorialen Verhältnissen nichts. Schlesien verblieb bei Preußen. Als Gegenleistung stimmte Friedrich, den bereits seit 1745 viele Zeitgenossen »den Großen« nannten, der Wahl Josephs, des ältesten Sohns Maria Theresias, zum Römischen König zu. Der Krieg um Schlesien kannte weder Sieger noch Besiegte. Zwei völlig ausgelaugte Gegner hatten in den langen und schweren Kriegsjahren keinerlei Gewinne davongetragen. Österreich und Preußen standen aber am Ende des Krieges als Staaten stärker und geschlossener da, und beide waren als europäische Großmächte über den Rahmen des Reichsverbandes hinausgewachsen.War der Siebenjährige Krieg ein Weltkrieg?Die Tragweite des Siebenjährigen Krieges für Deutschland und Europa darf keinesfalls unterschätzt werden. Er war, wie keine militärische Auseinandersetzung seit dem Dreißigjährigen Krieg, vor allem ein Krieg in Deutschland, wenngleich Süd- und Südwestdeutschland von ihm kaum berührt wurden. Er trug schließlich als letzte Auseinandersetzung der frühen Neuzeit nochmals ein klar konfessionelles Profil. Sein Ergebnis lässt sich durchaus als Stärkung der protestantischen Stände in einem mehrheitlich katholischen Reich verstehen. Als eine nationale Angelegenheit, wie ihn vor allem die deutsche Historiographie des preußisch beherrschten Kaiserreichs beurteilte, empfanden ihn die Zeitgenossen nicht. Vielleicht mag für sie der Krieg das Bewusstsein für die problematische politische Verfassung des Alten Reiches geschärft und damit dessen Stellung im europäischen Kräftespiel verdeutlicht haben.Die sieben Jahre währenden Auseinandersetzungen waren kein Weltkrieg. Die Bevölkerung weiter Teile Europas berührte er nicht direkt, wenn überhaupt. Freilich hatte er mehrere, über Kontinente verteilte Zentren. Ein totaler, alle Bereiche des öffentlichen und privaten Lebens in Mitleidenschaft ziehender Krieg wie der Erste Weltkrieg von 1914 bis 1918 oder der Weltenbrand des von Hitler verbrecherisch herbeigeführten Zweiten Weltkriegs war er gewiss nicht. Kanada mochten die Briten indirekt in Schlesien gewonnen haben. Die Schlesier oder die Frankokanadier interessierte das allerdings herzlich wenig. Sie hatten ja schließlich den Krieg der Preußen beziehungsweise Briten vor ihrer Haustüre gehabt. Was bewegte da schon den Einzelnen der Krieg in der kanadischen Wildnis, im heißen Indien oder im fernen Breslau? Den nicht zu leugnenden inneren Zusammenhang der drei Kriegszentren erkannten nur die wenigsten Zeitgenossen.Was war nun genau das Ergebnis jahrelangen Blutvergießens? Die Bedeutung der kriegerischen Auseinandersetzungen für Deutschland reichten tiefer, als man auf den ersten Blick geneigt ist anzunehmen. Preußen konnte sich als zweite Großmacht im Reich bestätigt fühlen. Es wurde als neue, ehrgeizige Macht von europäischem Rang zwar nicht geliebt, aber respektiert und von nicht wenigen Zeitgenossen bewundert. Vor allem Friedrich der Große war zu einem der bekanntesten und populärsten Fürsten seiner Zeit geworden. Dieser zum Teil fragwürdige Ruhm sollte bis zur Katastrophe von 1945 als nationalistischer Fridericuskult weitgehend ungebrochen bleiben. Auf der anderen Seite begründeten die mit dem Aufstieg der preußischen Militärmacht zur zweiten Großmacht verbundenen jahrelangen Auseinandersetzungen den deutschen Dualismus. Die weitere Entwicklung des Reiches war fortan einer Zerreißprobe zwischen zwei politischen Polen, Berlin und Wien, ausgesetzt. Das war ein Vorspiel auf das Zerbrechen des deutschen Kaisertums im Sommer 1806 und schließlich auf die Loslösung Österreichs vom Reich, die im »Bruderkrieg« von 1866 ihren Abschluss finden sollte.Dr. Sven KuttnerGrundlegende Informationen finden Sie unter:britisch-französisches Ringen um die Vorherrschaft in der Welt (1700 bis 1815): Eine Insel auf dem Weg zur WeltmachtPreußen wird Großmacht: Der preußisch-österreichische Dualismus im 18. JahrhundertAugstein, Rudolf: Preußens Friedrich und die Deutschen. Neuausgabe Nördlingen 1986.Groehler, Olaf: Die Kriege Friedrichs II. Berlin-Ost 61990.Heer, Friedrich: Der König und die Kaiserin. Friedrich und Maria Theresia, ein deutscher Konflikt. München 1981.Jennings, Francis: Empire of fortune. Crowns, colonies, and tribes in the Seven Years War in America. New York u. a. 1988.Schieder, Theodor: Friedrich der Große. Ein Königtum der Widersprüche. Neuausgabe Berlin 1996.
Universal-Lexikon. 2012.